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Dienstag, 22. Oktober 2013

Das Parfum der Gräfin Tarnowska

via Graphics Fair



Zuerst ein Geständnis  ich habe Jicky, das Parfum der Gräfin Tarnowska, noch nie gerochen. In frühen Fassungen der Chiffren verwendete die Gräfin einfach ein etwas heftiges Parfum. Doch während der letzten Überarbeitung des Textes stiess ich bei Recherchen zu anderen Themen immer wieder auf Jicky und seine Geschichte, das war wohl so eine Art Wink mit dem Zaunpfahl.

Und weil ich eben nicht wusste, wie Jicky denn nun genau roch, machte ich mich auf in die Welt der ParfumAficionados. Einige Blog und Forenbesuche später war mir klar, dass das eine eigene Welt mit einer Sprache ist, die jener der Oenologen in nichts nachsteht; durchzogen von einer schon fast philosophischen Schwermut über die Vergänglichkeit aller Dinge: immer wieder wird das Verschwinden von Düften beklagt; manche Liebhaber erwerben für teures Geld Flakons verschwundener Parfums, nur um einen Abglanz der alten Herrlichkeit zu erschnuppern. Dazu gehört eben auch Jicky, das in der Urform von 1889 nicht mehr erhältlich. Hier eine Beschreibung dieser Version in der Sprache der Parfumeure:

Die Kopfnoten aus Lavendel, einer Mischung von Zitrusnoten (Bergamotte, Zitrone, Mandarine) kreieren einen funkelnden Kontrast zu den krautigen Noten, die an und wieder abschwellen, bevor leicht metallische Iris und erdige Rose mit einem Hauch Vetiver erscheinen. Diese kühlen Kopf und Herznoten bilden ein elegantes Gegenstück zu der warmen Basis aus üppiger Vanille, mildem Amber und Moschus. Ein Hauch Leder und Weihrauch runden die Komposition ab und verleihen ihr eine unterschwellige Sinnlichkeit. Wer mit Shalimar vertraut ist, wird denselben FeuerundEisEffekt in Jicky wiedererkennen.*

In der Parfumgeschichte gilt Jicky als Meilenstein, nicht nur wegen der Verwendung synthetischer Stoffe, sondern vor allem aufgraund seiner ungewohnten Intensität und Duftsprache. Was Jicky so besonders macht(e), ist wohl das Zibet in der Basisnote, an dem sich übrigens die Geister scheiden. Das Zibet soll für das Animalisch-Sinnliche, das dem Parfum nachgesagt wird, verantwortlich sein. Dass Jicky bereits zu seiner Entstehungszeit ein verwirrender Duft war, zeigt sich auch in den Legenden um seinen Namen  in einer Version handelt es sich um den Spitznamen einer Geliebten aus der Jugendzeit seines Erschaffers, Aimé Guerlain – in einer anderen Version soll es sich um den Spitznamen seines Neffen handeln, der übrigens später auch ein berühmter Parfumeur wurde. Jicky wurde und wird denn auch von beiden Geschlechtern verwendet. Es galt auf auf jeden Fall als sinnlich oder eben verrucht; ein Duft, wie geschaffen für die Gräfin. 

(In der Reformulierung ist Jicky immer noch erhältlich, anscheinend ist diese etwas "sanfter" als die Urversion, aber immer noch gilt Jicky als "heftiger" Duft. Das zeigt sich wohl auch daran, dass es am häufigsten mit dem ausserhalb der Welt der ParfumLiebhaber besser bekannten Shalimar verglichen wird, das auch nicht gerade als dezent gilt.)

PS: Lady Georgiana trug wahrscheinlich einen Duft von Monsieur Coty.

* Die Beschreibung stammt von Bois de Jasmine: Perfume and Other Fragrant Pleasures  einem aussergewöhnlichen Blog nicht nur für ParfumLiebhaber. Nebst ParfumBesprechungen gibt es dort auch Informationen zu Herstellungstechniken, Parfumgeschichte, Inhaltsstoffen und vieles mehr.

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