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Mittwoch, 8. Januar 2014

In den Schlagzeilen Januar 1914

Und nochmals eine nostalgische Neujahrskarte - dieses Mal mit einem Chasseur Alpin (einem französischen Gebirgsjäger) - was er von der Verlängerung der Dienstzeit hielt, ist leider nicht zu erfahren.

2014 werden sich unzählige Bücher, Dokumentationen und Artikel mit den Geschehnissen des Sommers 1914 befassen. Hier nun einmal ein Blick auf die Schlazeilen zum Jahresanfang.

Die Weihnachtszeit sollte nichts anderem als dem Frieden und der Liebe gewidmet sein, und dieses Jahr ist es glücklicherweise wirklich so gewesen. Nur im fernen Mexiko schlagen die Parteien noch sich gegenseitig die Köpfe ein, indessen Onkel Sam schmunzelnd daneben steht und mit dem Verkaufe von Flinten und Kanonen und Pulver und Blei an die Zapatisten und – wahrscheinlich an den viel angefeindeten Huerta schönes Geld in seine Tasche zu leiten weiss. Trotz des rollenden Dollars hat sich Huerta bisher an der Macht behauptet, wenngleich sein finstererer Gesichtsausdruck nicht darauf schliessen lässt, dass er dabei besonders glücklich wäre. – Den Franzosen hat das Christkindli die lange vermisste „Giaconda“ Lionardos auf den Weihnachtstisch gelegt, und wenn dieses auch kein politisches Tagesereignis im strengen Sinne des Wortes ist, so hat es für viele Menschen doch eine grössere Bedeutung als selbst die gewaltigste Programmrede Briands oder als die Berufung der deutschen Militärmission nach Konstantinopel, welch‘ letztere beinahe Anlass zu einer ernstlichen Verstimmung unter den Grossmächten und gegen die Türkei geführt hätte.
Politische Tagesereignisse; Schweizer Illustrierte Zeitung Nr. 1/1914 – 3. Januar 1914

Der Bürgerkrieg in Mexiko taucht auch über die nächsten Monate immer wieder in den Schlagzeilen auf. Der zynische Blick auf die Vereinigten Staaten ist etwas überraschend, erwartet man zu dieser Epoche (wahrscheinlich zu Unrecht) eine betulichere Sprache. Die Geschichte vom Raub der Mona Lisa kannte ich noch nicht und fand die Details hinter der Schlagzeile höchst amüsant.

Briands Rede in St. Etienne befasste sich hauptsächlich mit Französischer Innenpolitik; er sprach sich u.a. gegen die von der Regierunge Doumerge geplante Verkürzung der Wehrpflicht aus. Erst im vergangenen August hatte die Abgeordnetenkammer beschlossen, die Dauer der Wehrpflicht von zwei auf drei Jahre anzuheben. Dadurch sollte die französischen Streitkräfte auf 700'000 Mann anwachsen (immer noch 50'000 weniger als jene des Deutschen Reiches). Die neue Regierung (seit dem 8. Dez. 1913 an der Macht) plante, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen. Ein höchst umstrittenes Unterfangen, das zudem Russland verärgerte, das während der folgenden Debatte auch entsprechenden Druck ausübte, da es seinen Verbündeten so stark wie möglich sehen wollte.

Die Affäre um die deutsche Militärmission nach Konstantinopel ist hinsichtlich des Kriegsausbruchs im Sommer von Bedeutung, weil sie Russlands Misstrauen gegenüber dem Deutschen Reich vertiefte und seine Aussenpolitik entsprechend beeinflusste.

(Infos zur Wehrpflicht-Debatte und zur Liman-Sanders-Mission aus: C. Clarke, The Sleepwalkers, 2013)

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