Seiten

Dienstag, 5. August 2014

Bankensturm

Die Schweizer Illustrierte Zeitung vom 8. August 1914 widmete sich natürlich in verschiedenen Artikeln dem Krieg und der Mobilmachung in der Schweiz. Gleich zweimal wurde ein Thema aufgegriffen, das oftmals  in den Diskussionen um die Reaktionen der Bevölkerung bei Kriegsausbruch übersehen wird: der Sturm auf die Banken. 

Wie in St. Gallen, Basel, Zürich, Biel, Bern, Olten, Zofingen, und vielen anderen Schweizerstädten, wie in Berlin und Wien, so rannten auch in Paris männiglich auf die Banken, um den sauer verdienten Sparpfennig sofort zurückzuholen. Besonders toll ging es aber in der französischen Hauptstadt zu. Diese Furcht ist total unnütz. Denn die Banken pflegen so wie so nicht das bare Geld in ihren Gewölden zu verwahren, sondern nur einen bestimmten Teil desselben, und zweitens darf im Kriege das Geld auf den Banen nicht vom Feinde weggenommen werden. Nur die Staatsgelder sind Kriegsbeute. Das Gels ist also im Kriege nirgends sicherer als auf den Banken und wohl kaum irgendwo unsicherere als im Strumpfe, unter dem Bett oder irgend in einem häuslichen Verstecke. - In der Schweiz zeigte sich als Folge dieses kopflosen Runs sofort ein unglaublicher Mangel an Bargeld. Zudem hat aber der Bundesrat im Verein mit der Nationalbank abgeholfen, indem am 30. Juli ein Bundesbeschluss erlassen wurden, wonach die Nationalbank ermächtigt ist, Zwanzig-frankenbanknoten auszugeben, die schon vor Jahresfrist bei Orell Füssli in Zürich gedruckt worden sind. Ausserdem wurde den Noten der Nationalbank ein Zwangskurs verliehen, und zwar denjenigen aller Werte. Zahlung in Noten unserer Bank ist mithin in Zukunft rechtsgültige Zahlung. Auch in in den Lebensmitteln entstand, hervorgerufen durch übertriebene Angst, eine unerwartete und unberechtigte Hausse-Bewegung. Die Schweiz ist durch rechtzeitige Vorsorge, sowie der bevorstehenden Ernte mit Lebensmitteln so versehen, dass eine längere Ernährung ohne jegliche Einfuhr möglich ist. Doch wird die die wirtschaftliche Krisis sich auch bei uns in sehr bedeutendem Masse fühlbar machen.

Schweizer Illustrierte Zeitung Heft 32/1914

Unter dem Titel Ein düsterer Bundesfeiertag wurde das Thema nochmals im Kontext der Geschehnisse vom 1. August (Mobilmachung der Schweiz) abgehandelt: 

Kopflos betrug sich sozusagen in allen Schweizerstädten das liebe Publikum. In Scharen strömten die Leute den Bankhäusern zu, um ihre Sparpfennige abzuholen und daheim in einem Strumpfe in der Bettstatt oder in irgend einem Winkel des Kellers oder der Scheune zu verstecken. Haben sich diese Leute nicht gesagt, dass für die Verbindlichkeiten der Kantonalbanken Staatsgarantie besteht, und dass privates Eigenteum im Kreig nicht mehr weggenommen werden darf? Die Folge war ein sehr empfindlicher Mangel an Bargeld, sodass die schönsten Banknoten von den Empfängern nur mit Unwillen entgegengenommen wurden. Diesem Uebelstand wurde durch die vom Bundesrate verfügte Ausgabe von kleinen Banknoten im Betrage von 20, 10 und 5 Franken durch die Nationalbank zum Teil abgeholfen.

Schweizer Illustrierte Zeitung Heft 32/1914

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen