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Sonntag, 15. Februar 2015

Heian Hofdamen – Ono no Komachi (ca. 825 - ca. 900), die Geheimnisvolle


Suzuki Harunobu: Ono no Komachi (1766/67)
via Boston Museum of Fina Arts (mfa)
Über Ono no Komachi ist nicht viel bekannt. Es Während von den anderen Heian-Damen Tagebücher erhalten blieben, sind von Ono no Komachi nur knapp 100 Gedichte überliefert. Wahrscheinlich die Tochter eines Adligen, diente sie um die Mitte des 9. Jahrhunderts am kaiserlichen Hofe und war berühmt für ihrer Schönheit und Dichtkunst. Anbeblich schloss sie ihr Leben in Armut als umherziehende Bettlerin, die über ein tiefes Verständnis buddhistischer Lehren verfügte. Ihr Charakter ging in Legenden, Erzählungen und No-Theaterstücken auf, so dass kaum noch zwischen Dichtung und Wahrheit unterschieden werden kann. Dass  sie sich nie entschuldigte, ist allerdings nicht Teil dieser Tradition. Annas Einschätzung der Dame im zweiten Kapitel der Chiffren im Schnee sagt mehr über sie selbst aus als über Ono no Komachi.

In der japanischen Literatur-Tradition wird Ono no Komachi sowohl in der Liste  der sechs besten Waka-Dichter, die sogenannten Unsterblichen des Waka* und der Liste der Sechsundreissig Unsterblichen der Dichtkunst aufgeführt. Zudem wird sie in der Liste der Sechsundreissg weiblichen Unsterblichen der Dichtkunst an erster Stelle genannt.

Ihre Gedichte zeichnen sich durch eine sinnliche, emotional berührende Sprache aus. Sie handeln in erster in erster Linie von Liebe, ihrem Vergehen und unerfüllter Sehnsucht – wobei Ono no Komachi auch das körperliche Verlangen in einer erotisch aufgeladenen Sprache thematisiert, was ihr  oftmals Vergleiche mit Sappho einbringt.**

Deine zurückgelassenen Geschenke –
sie sind zu Feinden geworden.
Ohne sie gäbe es vielleicht Momente des Vergessens.

Lautlos wie Frühlingsregen in der Marsch
fallen Tränen auf meine Ärmel.
Von ihm nicht beachtet.

Ich dachte, jene weissen Wolken
hätten sich um ferne Gipfel gesammelt,
doch schon erheben sie sich
zwischen uns beiden.

Ich wollte für mich
die Blume des Vergessens pflücken,
doch dann sah ich,
dass sie bereits in seinem Herzen blühte.


* Der Begriff Waka stammt ebenfalls der Heian-Zeit und bezeichnet Gedichte in japanischer Sprache. Die Entwicklung eigener japanischer Poesieformen ist ein Zeichen der Ablösung des grossen Einflusses, den die chinesische Kultur lange auf Japan ausübte. Waka-Poesie existiert in vielen Stilen, die im Westen wohl am besten bekannte Waka-Form ist der Haiku. In der Waka-Poesie gibt es keinen Reim und keine Zeileneinteilung.
** Die Gedichte stammen aus: Jane Hirshfield, Mariko Aratani: The Ink Dark Moon. Love Poems by Izumi Shikibu. New York 1990.

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